Goldene Konfirmation
in Praust/Pruszcz Gdanski am 19. Juni 1994

Liebe Mitkonfirmandinnen und Mitkonfirmanden!

Seit unserer "Goldenen Konfirmation" in der alten Prauster Kirche sind schone einige Jahre vergangen. Wir alle denken sicher gern an dieses schöne Fest zurück. Auf Initiative von Edwin Hlinz stellen wir hier einige Texte u nd Bilder zusammen. Sie sollen dazu beitragen, dass wir uns an das für uns besondere Ereignis erinnern. Und "erinnern" heißt ursprünglich: einer Sache inne werden, sie hineinnehmen in Kopf und Herz, sie nacherleben.

Die Texte und Bilder sollen uns gleichzeitig noch einmal die alte evangelische Kirche zu Praust als unsere Tauf- und Konfirmationskirche nahe bringen.

Unser Wunsch ist es, dass diese Blätter auch solche Mitkonfirmanden erreichen, die seinerzeit nicht dabei waren.

Wir grüßen Euch herzlich und wünschen viel Freude beim "Erinnern".

Eure
Edwin Hinz und Wemer Pohl.

Werner Pohl, Pfarrer i. R.
Taufstein der Kirche zu Praust

Ich begrüße besonders die Glieder der katholischen Pfarrgemeinde zu Pruszcz mit ihren goßartigen und großhezuigen Pastor Stanislaw Lada. Wir sind dankbar, dass wir in dieser Kirche zu Gast sein dürfen und dass Sie uns hier mit unserem Fest so freundlich empfangen. Wir erleben hier und heute gleichzeitig ein Stück Oekumene, also die Zusammengehörigkeit der Christen verschiedener Konfessionen. Datür wollen wir alle Gott danken, dem Gott, der zwischen Menschen und Kirchen keinen Unterschied macht.

Nun möchte ich ebenso herzlich die Goldenen Konfirmandinnen und Konfirmanden und ihre Angehörigen und Freunde aus Deutschland begrüßen also die Jubilare, zu denen ich ja auch gehöre.

Ihr konnt euch denken, dass es besonders auch für mich als euren Mitkonfirmanden etwas Bsonderes ist, diesen Gottesdienst zu halten.

Wir sind 19 Goldene Konfirmandinnen und Konfirmanden, die zu diesem Fest gekommen sind, ja kommen konnten. Viele haben wir nicht erreicht. Einige sind nicht mehr unter den Lebenden. Ganz besonders vermissen wir eine Mitkonfirmandin. Rita Nixdorf geb. Schröder ist im Dezember [1993 Anm. des Verfassers] des vergangenen Jahres unerwartet gestorben. Rita hatte sich sehr auf dieses Fest gefreut. Sie hatte es mit vorbereitet und dabei mitwirken wollen. Wir wollen ihrer in dieser Stunde gedenken. Mein Glaube sagt mir: Sie ist aufgehoben in Gottes barmherzigen Händen. Sie darf schauen, was sie geglaubt hat.Und jetzt freuen wir uns auf das Grußwort von Pastor Stanislaw Lada…

Flügelaltar in der Kirche zu Praust
Flügelaltar in der Kirche zu Praust (zur Zeit in einem Museum in Warschau)

Predigt von Pfarrer Werner Pohl im Gottesdienst zur Goldenen Konfirmation- Kirche zu Pruszcz


Predigttext:
Der Herr wird seinem Volk Kraft geben der Herr wird sein Volk segnen mit Frieden. Psalm 29, Vers 11.


Liebe Gemeinde! Liebe Goldene Konfirmandinnen und Konfirmanden!
Dieser Spruch hat mich sehr stark angesprochen. Das haben gute Worte so an sich, dass sie einen ansprechen.
Ich kenne diesen Spruch natürlich längst aus der Bibel, aus dem Alten Testament. Aber er wurde für mich eigentlich erst so richtig lebendig, als ich ihn vor 10 Jahren am Eingang zur Danziger Werft entdeckte. Hier steht er nämlich in Stein gemeißelt zu lesen:
PAN DA SILE SWOJEMU LUDOWI. PAN DA SWOJEMU LUDOWI BLOGOSLAWIENSTWO POKOJU.
Ein Bibelspruch am Eingang zu einer Werft, die seinerzeit Leninwerft hieß! Der Name des Gottes Israels und des Vaters Jesu Christi in der Öffentlichkeit einer noch vor wenigen Jahren kommunistisch und atheistisch regierten Stadt! Für mich wurde einmal mehr deutlich: Dieser Gott und sein Volk, zu dem wir alle gehören - Christen aus Polen und aus Deutschland - dieser Gott hat etwas mit Politik zu tun. Bestimmt nicht mit der Politik einer Partei. Aber mit Welt-Politik! Aber mit Öffentlichkeit! Aber mit den Dingen, mit denen wir Menschen uns zutiefst beschäftigen und mit denen wir uns tagtäglich rechtschaffen herumschlagen. Es geht um Leben. Es geht um Frieden. Es geht um den Frieden, den wir alle zum Leben brauchen. Bei dem Wort Frieden denken wir gleich an einen Zustand, wo kein Krieg mehr ist. Wir haben ja alle den Krieg zu spüren bekommen. Wir haben unter dem Krieg und seinen Folgen gelitten. Die Spuren des Krieges sind heute noch sichtbar, äußerlich und innerlich. Besonders auch in dieser Stadt und bei den Menschen, die hier gelebt haben und die heute hier leben.
Um so schöner und befreiender mag für uns alle das Wort Frieden klingen. Nun erfahre ich im Alten Testament: Frieden ist mehr als ein Zustand, wo kein Krieg ist. Für das Wort "Frieden" steht im Hebräischen Schalom. Und wo von Schalom die Rede ist, da geht es immer um Heil, um das heile Leben. Es geht nicht um die rosarote "heile Welt", die viele sich vielleicht wünschen und die dann doch nur an der Wirklichkeit vorbeigeht.

Schalom heißt vielmehr: Gott verändert Menschen und bringt sie zurück ihrer eigentlichen Bestimmung
Schalom heißt: Verwundete Herzen werden wieder geheilt.
Schalom heißt: Kurzsichtig gewordene Augen bekommen wieder Menschenfreundlichkeit ins Blickfeld.
Schalom heißt: Verschlossen Hände öffnen sich wieder.
Schalom heißt: Unbewegliche Füße gehen wieder aufeinander zu.
Schalom heißt schließlich: Zerbrochen Gemeinschaft wird wieder neu und wieder gut.
Schalom- Frieden in diesem Sinne ist großartige Segensgabe Gottes an sein Volk.

So also macht dieser Gott Politik! Er schütte gleichsams einen guten Segen über sein Volk aus und sagt zu den einzelnen in diesem Volk: Ihr sollt ein Segen sein für die Völker und für die Menschen die darin leben. Ihr sollt meine Friedensgabe weiterreichen. Oder mit den Worten der Bergpredigt Jesu: Ihr seid das Licht der Welt! Ihr seid das Salz der Erde!
Also auf die einzelnen kommt es an! Ich denke, die offizielle Außenpolitik unserer Regierungen hätte nicht viel erreichen können, wenn nicht einzelne Menschen auf Versöhnung aus gewesen wären. Sicher gab es einzelne unter den großen Politikern, die das geleistet haben. An die aber will ich jetzt nicht denken. Ich möchte jetzt eines tun, ich möchte die vielen einzelnen kleinen Friedensschritte, die schon gemacht worden sind und noch immer gemacht werden, ich möchte sie zurückbringen und hineinstellen in die heilvolle Friedenspolitik Gottes mit den Menschen - die vielen kleinen Schritte, die denen, die sie machen, vielleicht gar nicht aufgefallen sind und die sie für selbstverständlich gehalten haben.

Da sind die vielen Begegnungen zwischen ehemaligen Danzigern und Praustern mit den Menschen, die jetzt hier leben, die hier geboren sind und hier ihr Zuhause haben. Es grenzt für mich schon an ein Wunder Gottes , wie liebevoll und freundschaftlich ich selbst zusammen mit meiner Frau hier aufgenommen worden bin. Ich glaube, ich habe in Pruszcz und Umgebung heute mehr Freunde, als ich jemals in Praust gehabt habe. Unvergeßlich ist mir das lange und intensive Gespräch mit zwei Studenten die mit ihrer Familie hier ganz in der Nähe wohnen. Soviel Aufgeschlossenheit und Ehrlichkeit, auch in politischen Fragen, habe ich selten erlebt. Und was mir die Bekanntschaft und Freundschaft mit dem Pfarrer dieser Kirche, mit Stanislaw Lada bedeutet, das wißt ihr längst.

Zu den schon recht großen Friedensschritten die gemacht worden sind, gehören die unermüdlichen Aktionen für die Menschen in diesem Land und in dieser Stadt. Zum Beispiel die Transporte mit Lebensmitteln und Medikamenten und anderen lebensnotwendigen Dingen, die Du, Edwin Hinz, gemacht hast.

Und an den Friedensschritten gehören ganz bestimmt die Briefe, die hinüber und herüber geschrieben werden.

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Goldene Konfirmation in Praust 1994
vlnr: Ernst Kahs, Benno Loth, Estrid Beier geb. Schulz, Edwin Hinz, Paul Neumann

Und dazu gehören die Gebete, in denen Dank und Bitte vor den Gott der Liebe und des Friedens gebracht werden. Und sicher ist auch unser Gottesdienst in unserer alten Prauster Kirche so ein guter und zugleich schöner Schritt auf dem Weg des Friedens. Er wird uns, die Goldenen Konfirmanden und auch die Angehörigen und Freunde und alle, die hier versammelt sind, er wird uns ermutigen, auf dem Weg Gottes mitzugehen.

Der Herr wird seinem Volk Kraft geben - so beginnt ja unser Wort. Kraft - die haben Menschen Gottes, Menschen des Friedens offenbar nötig. Besonders, wenn die eigenen Kräfte zu schwinden drohen, wenn man immer älter wird. Aber auch wenn die eigenen Kräfte verschwinden wenn sie sich gleichsam verstecken und auf sie nicht so ohne weiteres Verlaß ist. Wir machen dann die Erfahrung, dass die Gegenkräfte und Gegenmächte sich melden, in uns selbst, auch im Volk Gottes, wo nicht immer alle einer Meinung sind. Und ganz bestimmt melden sich diese Gegenmächte zu Wort und zur Tat in den Völkern, zu denen wir gehören - mit ihren manchmal sehr merkwürdigen und angstmachenden politischen Aktivitäten. Unser Spruch sagt: In dieser Situation gibt es nur eines: Zusammenbleiben! Zusammenbleiben im Volk Gottes!

Zusammen buchstabieren: "Der Herr wird seinem Volk Kraft geben." Und festhaten: Wir haben eine Verheißung. Wir haben ein Versprechen Gott hat uns versprochen, dass wir es schaffen werden.
Das Volk Gottes kennt Kraftquellen. Eine wichtige und hilfreiche Kraftquelle ist das Gebet. Nicht ohne Grund steht ja unser Spruch im Zusammenhang mit einem Psalmgebet. Deshalb möchte ich an den Schluß meiner Predigt das Friedensgebet des Franziskus von Assisi setzen. Es ist längst nicht mehr das Gebet des einzelnen, es ist schon das Gebet des Volkes Gottes auf der ganzen Welt geworden. Dieses Gebet lautet:

O Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich Liebe übe, wo man sich haßt,
dassi ch verzefüe, wo man sich beleidigt,
dass ich verbinde, wo Streit ist,
dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht,
dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt,
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,
dass ich ein Licht anzünde wo, die Finsternis regiert,
dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt.

Ach Herr, laß du mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste,
nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe,
nicht dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.

Denn wer da hingibt, der empfängt,
wer sich selbst vergißt, der findet,
wer verzeiht, dem wird verziehen,
und wer da stirbt, der erwacht zum ewigen Leben!

Und der Friede Gottes,
der größer ist, als unser Denken fassen kann,
bewahre unsere Herzen und Sinne
in Christus Jesus.

Amen.

Einsegnung</span><br>
                    der Goldenen Konfirmandinnen und Konfirmanden

Eingangsspruch:
Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der HERR, dein Erbarmer. Jesaja 54,10

Wort an die Jubilare:
Liebe Mit-Konfirmandinnen und Mit-Konfirmanden! Wir stehen hier an der Stelle, wo wir vor 50 und mehr Jahren auch gestanden und den Segen Gottes für unser Leben empfangen haben. Das ist für uns alle ein besonderes Ereignis. Dafür sind wir dankbar. Wir müssen aber wissen: Wichtig ist, dass wir vor dem freundlichen Angesicht Gottes stehen. Er erwartet uns als seine Sohne und Töchter, und wie der Vateri m Gleichnis( Schriftlesung: Lukas 15, 1-3. 11b-32) will er uns in seine Arme schließen. Und Menschen die sich das gefallen lassen, sind wahrhaft gesegnete Leute.

Urkunden mit Spruch zur Goldenen Konfirmation:
Ich möchte Euch jetzt die Urkunden zur Goldenen Konfirmationüberreichen. Der gemeinsame Spruch ist der, über den ich gepredit habe: Der HERR wird seinem Volk Kraft geben; der HERR wird sein Volk segnen mit Frieden. Psalm 29, 11Über dem Spruch auf der Urkunde ist ein Foto. Es zeigt den schönen Flügelaltar, vor dem wir damals konfirmiert worden sind. Leider können wir ihn heute hier nicht erleben. Wir hoffen aber mit dieser Gemeinde, dass der kostbare Altar aus dem Museumi n Warschau wieder zurückgegeben wird und dass wir alle uns dann an ihm freuen können.
Folgende Jubilare empfangen die Urkunde mit dem Zuspruch: "Friede sei mit Dir!

Estrid Beier geb. Schulz
Hans-Joachim Below
Herbert Bolle
Helga Fehling geb. Sandmann
Hilde Hannemann
Edwin Hinz
Erich Kahs
Ernst Kahs
Günter Lang
Alfred Loth
Benno Loth
Paul Neumann
Ilse Niederhut geb. Stich
Werner Pohl (Pastor St. Lada. übergibt die Urkunde)
Charlotte Rinast geb. Neumann
Helga Schröder geb. Grundt
Eleonore Schulz geb. Bladowski
Ruth Untied geb. Schwarz
Heinz Wohlfahrt

Segen zur Konfirmation:
Empfangt nun den Segen Gottes, damit Ihr als Glieder des Volkes Gottes glauben und leben könnt. Als Mitkonfirmand stelle ich mich ebenfalls unter diesen Segen:
Der Segen Gottes, des Allmächtigen, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, komme über euch und bleibe bei euch jetzt und allezeit. Amen.

Daraufhin laßt uns Gott loben mit dem Bekenntnis unseres Glaubens.

Goldene Konfirmation in Praust 1994
vlnr: Ruth Untied geb. Schwarz, Ilse Niederhut geb. Stich, Hans-Joachim Below, Elenore Schulz geb. Bladowski, Charlotte Rinast geb. Neumann, Ernst Kahs, Benno Loth, Erich Kahs, Estrid Beier geb. Schulz, Edwin Hinz, Paul Neumann, Günter Lang, Heinz Wohlfahrt

Lied zur Konfirmation
Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen, der große Dinge tut an uns und allen Enden der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an unzählig viel zugut und noch jetzt und getan.

Der ewigreiche Gott soll uns bei unserm Leben ein immer fröhlich Herz und edlen Frieden geben und uns in seiner Gnad erhalten fort und fort und uns aus aller Not erlösen hier und dort.

Lob, Ehr und Preis sei Gott, dem Vater und dem Sohne und den der beiden gleich im höchsten Himmelsthrone, dem dreimal einen Gott, wie es ursprünglich war und ist und bleiben wird jetzt und immerdar.

Martin Rinckart 1636


Fürbittengebet
Laßt uns in Frieden den Herrn anrufen. Herr, erbarme dich!
Für uns, die wir heute das Gedächnis unserer Konfirmation feiern, dass wir dankbar und zuversichtlich unseren Weg weitergehen unter dem Segen Gottes. Herr, erbarme dich!
Für die Menschen, die uns auf unserem Weg begleiten. Für unsere Angehörigen und Freunde, dass sie in Liebe mit uns verbunden bleiben und uns beistehe, wenn wir Hilfe brauchen. Herr, erbarme dich! wir in Wehmut und Trauer denken, dass sie bei Gott geborgen sind. Herr erbarme dich!
Für unsere Gemeinde, für die Gemeinde unserer polnischen Schwestern und Brüder hier in Pruszc und für die ganze Kirche, dass sie den Fragenden Antwort, den Unsicheren Halt und den Leidenden Trost gibt. Herr erbarme dich! Für unser Volk und die Gemeinschaft der Völker, dass alle Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit erfüllt wird. Herr, erbarme dich!
Auf dein Erbarmern, Gott, sind wir angewiesen, jeder für sich und alle gemeinsam. Hilf uns, auf dein Wort zu hören und uns dir anzuvertrauen, heute wie gestern und morgen wie heute, bis an das Ende unseres Lebens.

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Goldene Konfirmanden: vlnr. Edwin Hinz, Paul Neumann, Günter Lang, Heinz Wohlfahrt

Quelle: Erwin Völz