Erwin Völz - Piasnitz - was sonst noch in Praust geschah

Schon vor langer Zeit habe ich versprochen vor dem Inferno vom März 1945 einge vorangegangene Erlebnisse zu schildern. Und es fängt mit Grausamkeiten an, die ich vor 57 Jahren erlebte.
Für uns Kinder fing das Aussergewöhnliche damit an, daß in den großen Schulferien in Praust die ersten Flüchtlingstrecks aus Estland kamen. Kolonnen mit Planwagen von Pferden paarweise gezogen. Sie hatten Aufstellung zur Ruhe auf dem Schulhof genommen und in dem klaren Wasser der neuen Radaune, dem Radaunekanal, badeten Oma, Opa, Mütter mit ihren Kindern und alle nackig.
Das kannten wir so frei ja nicht. Darum wurde von uns auch verstohlen hinter der Hecke auf der Lindenstraßenseite zugesehen.
Ihre Sprache verstanden wir nicht und meine Mutti hatte in Erfahrung gebracht, daß es Flüchtlinge waren, die aus ihrer Heimat vor der vorrückenden sowjetischen Armee geflohen sind.
Nach wenigen Tagen zogen sie wieder ab. - Im Herbst und Winter kamen dann ständig immer wieder Flüchtlingstrecks und auch durchziehende deutsche Truppenverbände, die wir zur Einquartierung hatten. Das Haus war immer wieder Gaststube für Menschen aus vielen Ländern deutscher Sprache. So gab es Kontakte zu Schwaben, Thüringern, Rheinländern und anderen, die unter den Soldaten waren.

Wir hörten deren Dialekte und speisten mit ihnen. So gab es für uns Kinder immer wieder etwas Neues. Von Politik und Endsieg- Parolen habe ich damals nichts vernommen. Die Stimmung für die Zukunft war eher gedämpft. Die Soldaten sprachen von der Sorge um ihre Familien in den bombardierten Städten ihrer Heimat.
Von der schweren Zeit der vergangenen Kriegsjahre und dem Verlust guter Kameraden. Dieses war natürlich ausgelößt durch die umgängliche, häusliche und einfache Art meiner Eltern und der Anwesenheit von uns drei Kindern.
Die aus dem Osten kommenden Flüchtlinge waren froh, wieder einmal in einem warmen Haus zu schlafen und zu essen. Unsere Mutti erzählte aus ihrer Kindheit, als im 1. Weltkrieg auf dem Bauernhof des Großvaters Wilhelm Lau, im Landauer Bruch, Flüchtlinge aus Ostpreußen einige Zeit aufgenommen wurden. Sie konnten wieder nach Hause zurück, als die zaristischen Truppen, von der Kaiserlichen Deutschen Armee, unter Paul von Hindenburg, 1915 zurückgeworfen wurden. Weihnachten 1944 glaubten unsere Eltern nicht an so einen Kriegsausgang. Inzwischen waren auch schon Bekannte unserer Eltern, wegen Zweifel am Sieg im 2. Weltkrieg verhaftet worden.
Unser Nachbar Paul Priewe war in Matzkau inhaftiert. Unser Vater Reinhold Völz war als Lokführer zum Befehlszug Forster abkommandiert worden. Er war während des Krieges uk und nicht Soldat. Viel im Einsatz als blauer Eisenbahner im Osten. Gelegentlich kam er nach Hause. Unsere Eltern besprachen ihr Verhalten für die nächste schwere Zukunft der Familie mit drei Kindern. Unser Vater hatte viel Schwarzsender gehört und hatte zum Kriegsausgang seine feste Meinung.

Von endgültigem Verlust unserer Heimat war damals noch keine Rede. Als damals 12 1/2-jähriger ältesteter Sohn, wurde auch ich von meinen Eltern belehrt, daß die Familie zusammenbleiben sollte. Unsere Mutti wollte immer in der Nähe des Vaters bleiben, da er ja im Danziger Raum blieb. Unser Kontakt wurde mit Mutters Schwester Minna Buß, geb Lau, fester abgespochen. Vater konnte schnell vom Hauptbahnhof in Danzig zu der Gaststätte Hevelius, Pfefferstadt 54 gelangen. Dort gab es ein Telefon. Tante Minna war kinderlos und ihr Mann Richard Buß war nun zum Ende 1944 auch schon einberufen. So waren die Vorverabredungen.- Meine letzte Mittelschulklasse in Hohenstein hatte mit den Weihnachtsferien 1944 den Unterrichtsbetrieb eingestellt. Dort in Hohenstein bei Mutters Schwesten Tante Emma Krause, geb. Lau. Onkel Bruno, Cousine Gerda und ihren kleinen Sohn Wolfgang, war ich im letzten halben Jahr sehr viel zu Besuch.

Auf dem Feuerwehrteich in Hohenstein lief ich gerne Schlittschuh und spielte mit Schulkameraden Eishockey, mit Schläger aus einem entsprechenden Aststück. - Um Weihnachten 1944 erlebte ich eine öffentliche Erhängung eines jungen Soldaten wegen Entfernung von der Truppe. Er wurde auf einem LKW angebracht, an einem Sraßenbaum am e.g. Feuerwehrteich angebunden. Er stand erhöht auf dem LKW. Dieser wurde weggefahren und der Hingerichtete fiel ins Seil. Der so Erhängte wurde mit einem Schild um den Hals dort ein paar Tge zur Abschreckung, so hieß es, hängen gelassen. - Meine Tante und die Cousine meinten daheim, er habe sicherlich hier irgendwo eine Freundin gehabt, er war sehr jung, vielleicht erst 18 Jahre alt und so erregte er eher Mitleid.
Für uns begann das neue Jahr ohne Schule. Wir als Jungen trafen uns zu gemeinsamen kleinen Abenteuern. So hatte ein Mitschüler von einem Flüchtling, der mit der Bahn weiter reisen konnte, ein kleines Pferdefuhrwerk mit zwei kleinrassigen Pferdchen geschenkt bekommen. Wir waren immer 4-8 Jungen die sich am Standort in der Werderstraße bei den Pferden trafen. Die Pferde mußten versorgt werden und wir fuhren in Richtung Rostau und Landauer Bruch, auch nach Sperlingdorf um Heu zu besorgen. Ein paar Mal habe ich solche Fahrten im kalten Winter mitgemacht. - Da wir keine Schule mehr hatten und der Ortgruppenleiter der NSDAP diese freien, noch nicht wehrerfassten Jungen, für Kriegshilfsdienste nutzen wollte, wurde über das Jungvolk Dienst angeordnet. Im Jannuar wurden wir einmal mit einem LKW nach Gischkau gefahren. Dort sollten Gräben ausgehoben werden. Ausser uns, vielleicht 50 Jungen aus Praust, waren Polen und Ukrainer von den Gütern dort.

Sie tugen ihre gelbe Raute mit einem P und die Ukrainer eine blaue mit einem U. - Wir waren ja für solch einen Einsatz nicht geübt. Der Boden war hart gefroren und der Erfolg der Ausschachtung war völlig unbefriedigend, ein paar Zentimeter Tiefe, das war alles.
Ausserdem wurden wir für die im nächsten Abschnitt arbeitenden Ostarbeiter, so nannte man sie damals, zum Gespött und es kamen auch ein paar Klietern, gefrorenen Erdklumpen gefolgen.- Ein weiterer Einsatz unterblieb. Dafür fand man etwas Neues und man dachte dabei auch an unsere technische Neugier. Mit etwa 10 anderen Jungen vo DJ wurden wir zum Praustfelder Gut beordert. Dort war im Gutspark eine Infanterie-Waffenmeisterei eingrichtet worden. Hierher kamen von der Front per Lkw eingesammelte Gewehr- und Pistolenteile, vom Kampf beschädigt oder verlorenen Teilen. Defekte MG's, gerissene MG-Gurte, Kisten voller zusammengeklaubter Munition verschiedenster Bauart.
Sowie Reste der Ausrüstung Gefallener Soldaten mit Beschädigungen.
Wir mußten helfen die Teile zu entladen und die Munition zu sortieren. Nach Reparatur von MG-Kästen und MG-Munitionsgurten wurden die Gurte neu bestückt, jeder 5. Schuss eine Leuchtspur- Patrone und dann in die Kisten eingelegt. Die Ausrüstung wurde wieder verladen, das Zeug war ganz schön schwer und der Waffenmeister, ein Oberfeldwebel, hat immer mit Essen und Schokolade aus Schachteln unser Aushalten geködert. Trotzdem nahm unsere Zahl ab, denn hier und da flüchteten Familien mit der Eisenbahn bis Ende Januer 1945. Wir waren nicht jeden Tag dort im Einsatz, sondern im Zuge einer angeordneten DJ-Dienstfolge, vielleicht 3 X wöchentlich. Genau weis ich es nicht mehr.

Meiner Mutter habe ich davon wenig erzählt, denn da hätte sie mich dort sicherlich herausgemogelt und vor anderweitigem Einsatz hatte ich Befürchtungen.- Wir waren natürlich als Jungs keine eifrigen Dienstbeflissenen. Die Schwerere Abteilung mit Panzerfaustwaffen usw.
war für uns gesperrt und extra bewacht. Mit den schweren Dingern wollten wir auch gar nichts zu tun haben. Keiner hat uns groß kontrolliert und die Soldaten hatten mit uns Jungen ihren Spaß in jener schweren Zeit. Und so mußte es kommen, wir waren 3 Jungen aus unserer Wohngegend, es nahm jeder eine Pistole mit und die Munition dazu. Eine 7.65, eine 08 und eine Leuchtpistole. Alles wurde zur stillgelegten Baustelle, der unterirdischen Flugzeughalle, östlich von Gut Praust gebracht ung in einem Marmeladeneimer versteckt.
Es war Februar und an einem freien Tag gingen wir drei Jungen zu unserem Versteck. Nun hatten wir zwar mal ein Kleinkalibergewehr geladen und abgeschossen. So weit hatte man damals bis 1944 die Zwölfjährigen schon gebracht. Aber Pistolen waren doch komplizierter und wir hatten den Soldaten der Waffenmeisterei nur zusehen dürfen, beim Probeschießen der reparierten Ausrüstung. Hingeschaut hatten wir genau und nun wurde erprobt wie das ging. Ich hatte die 08, das Magazin von unten in den Griff gedrückt, entsichert, mit beiden Händen fest gehalten und in die Luft geschossen. In der Grube ein für unsere Ohren ein fürchterler Knall, die Ohren wurden Taub.
Ein zweiter Junge hatte Übermut bekommen und die Leuchtpistole abgeschossen. Der leuchtende Feuerpunkt jagte uns nun doch Angst ein. Wir verstauten alles im Marmeladeneimer und rannten quer Feld ein zum Müggenhaler Weg, etwa 1 1/2 km vor Müggenhal. Dort kannte ich die Weidenbäume, aus den ohlen mußte ich für Mutter immer Blumenerde holen. Hier hinnein stellten wir unseren beladenen Marmeladeneimer und ab in Richtung Praustfelder Siedlung.
Auf halbem Wege kam uns berittene Feldgendarmerie entgegen.
Sie befragten uns ob wir beobachtet hätten, das Leutpatronen verschossen worden seien und eventuell flüchtende Männer gesichtet wurden. Alles verneinten wir. Wir kamen ja aus Müggenhahl und so konnten wir mit Schreck nach Hause abziehen.
Zwei Tage später waren wir wieder im Gutspark in der Waffenmeisterei und glücklicherweise fragte niemand nach den Vorfällen.

Es war die Zeit der vielen Tieffliegerangriffe, denn die Front war schon nähergerückt. Der Strom der Flüchtlingstrecks und dazwischen ziehenden Wehrmachtskolonnen war ohne Unterbrechung auf allen Straßen unterwegs. Die Tiefflieger schossen in die Wagenkolonnen und warfen auch Bomben. Beim Weg zum Bäcker in Praust habe ich als Junge soetwas erlebt. Ich fand Deckung an einer Hauswand vor einer Aufgangstreppe. Ein Tiefflieger flog der Straße nach und feuerte mit den Bordwaffen. Das entsetzliche Angstgeschrei der Menschen war furchteinflößend. Anschließend gab es Verwundete und Tote, zerstörte Fahrzeuge und tote Pferde. Alles war bemüht die Fahrstraße wieder frei zu machen. Verwundete wurden in die Häuser gebracht. Pferde wurden zerlegt und verteilt. Ich brachte ein Brot und etwas Pferdefleisch nach Hause. Blass und geschockt kam ich an und war froh heil angekommen zu sein. Meine Mutter hatte mich im Januar/Februar nocheinmal nach Zugdam mit dem Fahrrad geschickt, zu unserem Onkel Franz Markurland, einem Vetter meiner Mutter, der dort einen Bauernhof hatte. Gesponnene Schafwolle sollte ich überbringen und Hühnerfutter-Getreide mitbringen. Als ich dort nach beschwerlicher Fahrt über Rostau, Sperlingsdorf in Zugdamm ankam, sah ich auf dem hof schon einen Leiterwagen mit Satteldachaufbau stehen. Er war mit Dachpappe gegen Nässe abgedeckt und stand zu Flucht bereit. Eine Nacht habe ich dort geschlafen.
Am Abend bekam ich noch einen Speckstreifen zu lutschen. Auf dem Sofa im Wohnzimmer hatte ich mein Nachtlager. Als es dunkel war konnte man am Nachthimmel schon den Feuerschein der Front sehen und hörte das dumpfe grollen von Geschützfeuer. Mein Onkel kam zu mir um mich zu beruhigen. Ich habe schlecht geschlafen und war froh am nächsten Morgen nach Praust aufbrechenzu können. Mutti brauchte das Futter um unsere Hühner noch zu füttern, damit sie dann bis zum Ende unseren Speisebedarf deckten. In unserem Viertel, hinter der Bahn sagte man in Praust, war wieder Aufregung im Gange. Es wurde eine öffentliche Erschießung wegen Plünderung angekündigt.
Unsere Mutti ging da nicht hin, aber ich machte den Vollzugsort ausfindig. Hinter dem Kindergarten im Pfarrlandweg gab es eine Kiesgrube, für die schon früher erwähnte Flugplatzerweiterung.
An der oberen nördlichen Böschung fand die öffentliche Erschießung von zwei jungen Polen statt. Eine Frau eines höheren Offiziers der Waffen-SS war mit ihren 3 oder 4 Kindern per Eisenbahn nach Westen geflohen. Sie hatte im Hause ihr polnisches Dienstmädchen zurückgelassen, dieses hat sich dort versteckt und eingeschlossen.
Dazu hatte sie sich einen jungen polnischen Landarbeiter in Haus geholt. Beide haben von den vorhandenen Hausvorräten gelebt und die vorhandenen Hühner geschlachtet. So wollten sie auf ihre Befreiung warten. - Die geflohene Familie kam mit dem Zug nicht mehr in Richtung Westen durch. Die sowjetischen Truppen hatten den Kessel Danzig geschlossen und sie kamen zurück nach Praust.
In ihrem Hause traf die zurückgekehrte Frau mit den Kindern die zwei versteckten jungen Polen an. Sie ging zum Ortgruppenleiter und meldete dieses. Nun nahm die standrechtliche Straftat ihren Lauf. Die beiden Todeskandidaten wurden vorgeführt, von dem OG-Leiter in brauner Uniform mit Hakenkreuzbinde und einer Gruppe Feldgrauer Schützen, deren Waffengattung ich nicht in Erinnerung habe, oder besser die ich vor Aufregung nicht erkannt habe.
Zuschauer waren ein paar alte Männer wenige Frauen und ein paar vorwitzige Buben. Den Beschuldigten waren die Augen verbunden, es wurde etwas vorgelesen, dann kam der Schießbefehl und es krachte die Salve. Beide fielen gegen den Erdwall, aber das junge Mädchen hatte nur einen Armschuß im Unterarm und war nicht tot. Es rief nach Gott und der "Braune" ging zu dem liegenden Mädchen und schoß ihr mit seiner Pistole ins Herz. Einige Frauen weinten, das Komando zog ab. Mir war übel. Die Erschossenen lagen etwa drei Tage an der Böschung. Zur Abschreckung, mit einem Schild über Ihren Köpfen, wegen Plünderung erschossen.
Bei meinem Besuch im Juli 1998 habe ich auch diesen Ort aufgesucht.
Ausser dem Kindergartengebäude, hinter dem dieses Verbrechen vollzogen wurde, war nichts mehr zu erkennen. Ich habe die Umgebung als DIA aufgenommen und an diese sinnlose Tat gedacht.
Gescheiter hätte sich die Frau mit ihren Kindern, durch die beiden jungen Polen beim Einmarsch der Roten Armee schützen können, indem sie deren Anwesenheit gedeckt hätte. Aber was war damals schon vernünftig, alles war unvernünftig grausam.
Im Mai 1945 wurde die anzeigende Frau von der polnischen Militz verhaftet und abgeführt. Sie ist nicht mehr zurückgekehrt. Das älteste Mädchen dieser Familie war damals 14 Jhre alt.
Es hat mit ihren Geschwistern und uns zusammen, in Begleitung eines alten Ehepaares Geffe, am 13.08.1945 Praust um 17:00 Uhr, mit dem Zug als Vertriebene verlassen. Das Ehepaar Geffe war als sozial tätiges, evangelisches christliches Paar im Ort bekannt. Wir hatten auch während des Krieges immer Kontakt dorthin. Frau Geffe war auch Schneiderin. Ich habe noch ein Foto von Ihnen gerettet.

Anmerkungen:
Hela 1945
Hallo liebe Danziger Freunde,
eine Quosine mütterlicherseits, Gerda Durau, geb. Krause, ist mit ihrem 2-jährigen Sohn Wolfgang und ihren Eltern Bruno Krause und Emma, geb.Lau, Anfang März 1945 aus Hohenstein, vor der anrückenden Sowjetarmee geflohen. Am 8. März 1945 fielen Dirschau und Meisterswalde.
Am 10. März standen die Sowjetischen Truppen vor Hohenstein (Quelle: Unvergänglicher Schmerz von Peter Poralla, Seite 197).
Sie flohen vorher nach Kriefkohl in der Niederung zur Familie Arnold. Diese hatten dort ein Gehöft. Von dort aus fuhren beide Familien mit vorbereitetem Pferdefuhrwerk in Richtung Zugdam - Osterwieck- Trutenau - Gottswalde - bis Schiewenhorst. Die Pferde mußten in überschwemmten Straßenabschnitten bis zum Bauch im Wasser laufen. Dämme und Schöpfwerke waren durch Luftbombardierungen. In einem Bericht habe ich gelesen, daß man teilweise Schöpfwerke von deutscher Seite ausgebaut und vergraben hätte. Diese haben die Polen später wieder ausgehoben und instandgesetzt. -
Vom Weichseldurchstich setzten Marinepräme die Flüchtlinge nach Hela über. Hela war überfüllt, es lagerten auch Menschen in den Kiefernwäldern. Die Gefahr der Verbreitung ansteckender Krankheiten war sehr groß. Der kleine Sohn Wolfgang starb auf Hela an Scharlach und wurde vom Großvater in der Nähe der alten Backsteinkirche beigesetzt. Meine Quosine war nicht mehr bereit die Flucht fortzusetzen. Die Schiffe lagen auf Reede und die Flüchtlinge wurden durch kleinere Boote übergesetzt. Nach dem 9. Mai 1945 wurden die verblebenen Flüchtlinge wieder von der sowjetischen Manrine nach Gdingen zurückgefahren. Meine Quosine lebt noch im 79. Lebensjahr in Northeim und ich werde Sie zu weiteren Zuständen jener Zeit befragen. Mein Vater war im Winter 1944/45 als Lokführer dienstverpflichtet auf einem Befehlszug der Generalität und des Gauleiters Forster.
Hierüber habe ich schon früher geschrieben. Dieser Befehlszug setzte sich bis nach Hela ab. Eine zeitlang hat er mit seiner Lok noch Rückzugsgut von Putzig her gefahren. Putzig fiel am 11.03.1945.
Die Lok wurde von den Pionieren danach gesprengt. Mein Vater kehrte mit einem Fischkutter wieder nach Danzig zurück.
1998 habe ich mit meinem Sohn Hela besucht. Ich kannte es von früher nicht. Sehen wollte ich aber wo der kleine Wolfgang begraben liegt und mein Vater zuletzt eine Dampflok im Danziger Land gefahren hat.

Quelle: Erwin Völz, Danzig-L